Die technischen Voraussetzungen - Kamera und Objektive für Portraitaufnahmen
Mehr noch als bei Landschafts- und Architekturaufnahmen sind Portraitfotos eine Frage des Objektivs. Eine Kamera mit Wechselobjektiv sollte es also mindestens sein. Megapixelzahl und Lichtstärke sind nicht furchtbar entscheidend – Letzteres vor allem deswegen, weil Portraits von viel flächigem Licht, am besten Tageslicht, profitieren.
Wichtiger sind Sensorgröße und entsprechende Objektive, APS-C Sensoren oder Vollformatsensoren eignen sich am besten für Portraits und haben eigene Vor- und Nachteile. Ein großformatiger Sensor reduziert im Zusammenspiel mit den richtigen Objektiven aber die sphärische Krümmung und entsprechend die Verzerrung der Distanzen im Bild. Kurzum bedeutet dies nichts Anderes als eine ästhetische Wahrnehmung der Gesichtsformen im Bild.
Bei der Wahl des Objektivs sollten Fotografen vor allem beachten, dass nicht jedes Gesicht gleich aussieht, also verschiedene Objektive in Frage kommen können. Klassisch haben sich bei Portraits zwei Brennweiten etabliert, das sind 50mm und 85mm. Die Brennweite 50mm wird auch Normalbrennweite genannt, denn sie ähnelt stark der menschlichen Wahrnehmung. Alleine deswegen werden entsprechende Portraits häufig als besonders schön empfunden. Auf Vollformat sind 50mm generell eine tolle Wahl, weil auch bei größerer Nähe zum Gesicht noch vergleichsweise viel Körper auf den Bildern ist. Das ist sowohl für Nah- wie auch Halbnahaufnahmen äußerst ansprechend.
Brennweiten wie 85mm (oder 100mm) verflachen das Gesicht noch weiter durch die einem Teleobjektiv typische Kompression. Besonders bei Menschen mit markanten Gesichtszügen ist dieses gewisse Maß an Verflachung oftmals genau richtig. Im Gegenzug profitieren Menschen mit sehr feinen Gesichtszügen häufig davon, mit etwas weitwinkligeren Objektiven im Nahbereich abgelichtet zu werden. Weiter als 35mm ist für Portraitaufnahmen aber unangebracht.
Eine offene Blende dient bei Portraits der Freistellung des Motivs vom Hintergrund. Allerdings sollte die Blende nicht zwangsläufig so weit geöffnet werden, dass Augen scharf und Nasenspitze grob unscharf ist. Die Belichtungszeit sollte bei etwa 1/100s oder schneller liegen, um auch Bewegungen des Motivs auszugleichen und zu scharf gezeichneten Gesichtszügen zu kommen.
Das richtige Gesicht im richtigen Licht
Unter freiem Himmel funktionieren Portraitaufnahmen bestens, da viel Fülllicht vorhanden ist. Abgesehen von direktem Lichteinfall der prallen Mittagssonne fallen harte Schlagschatten so weg. Die Wolkendecke fungiert dabei wie eine riesige Softbox.
Im Studio oder in Innenräumen sollten Gesichter flächig ausgeleuchtet werden mit hellem Führungslicht, etwas dunklerem Fülllicht von der Gegenseite (etwa 70% der Führung) und idealerweise einer Spitze, welche Schulter und Haare trifft und das Motiv vom Hintergrund separiert. Im Englischen spricht man bei der Dreipunktausleuchtung gar vom Separator.
Wer wirklich in tolles Portraitlicht investieren möchte, sollte ein Ringlicht oder einen Ringblitz erwerben. Die Kamera wird im Ringlicht/-blitz positioniert, wodurch das Gesicht schattenlos ausgeleuchtet wird. Besonders ausgeprägte Ausführungen dieses Looks finden sich in Musikvideos oder der Modefotografie. Es ist in jedem Fall eine interessante Ausleuchtung und ein echter Hingucker.
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Nachbearbeitung statt perfekter Aufnahme?
Um aber einmal mit einem Gerücht aufzuräumen: ein gutes Portrait entsteht nicht in PhotoShop. Ja, die Software ist toll und für Portraits sinnvoll. Hautunreinheiten lassen sich leicht entfernen und dunkle Bereiche aufhellen, aber Bilder grob zu manipulieren ist nicht die Handschrift eines guten Fotografen, sondern die eines Illustrators einer TV-Zeitschrift. Ein gutes Portrait entsteht in der Kamera, nicht am Computer.
Zur Komposition
Bei Portraits lassen sich viele Kompositionsregeln anwenden, welche ansehnliche Portraitfotos variieren können. Achsensymmetrische Portraits können ebenso bestechend aussehen wie die Positionierung der Augenlinie auf dem goldenen Schnitt oder das kunstvolle Durchschimmern eines Lensflares der untergehenden Sonne. Ein Pauschalrezept gibt es nicht und jede Person sollte ihrem Aussehen und vor allem ihrem Charakter nach inszeniert werden, um die Essenz auf Foto zu destillieren.
Um den Fokus wirklich auf das Portrait zu legen, sollte aber nicht zu viel Ablenkendes im Bild positioniert sein. Ein einfarbiger Hintergrund mit leichter Struktur eignet sich hierfür optimal. Und eine knappe Schärfentiefe stellt die Person noch einmal klarer heraus.
Menschlichkeit im Bilde
Fotografie ist generell stets eine Mischung aus Kunst und Handwerk, bei der Portraitfotografie kommt zusätzlich noch eine menschliche Komponente hinzu. Denn optimale Ergebnisse entstehen nicht nur durch Fotograf und Kamera, sondern im Zusammenspiel mit dem Fotografen und dem zu Portraitierenden. Nur wenn er oder sie sich entsprechend wohl fühlt und eine natürliche Lockerheit mitbringt, entstehen wahrhaft denkwürdige Portraits.